Wie gelingt Karriere bei einem Schweizer Uhrmacher?

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Schaffhausen, La Chaux-de-Fonds, Le Locle, Genf oder Le Brassus – für Uhrenenthusiasten sind das Sehnsuchtsorte. Die Schweizer Uhrenindustrie setzt jährlich mehr als 33 Milliarden Schweizer Franken um, mehr als 65.000 Menschen sind in ihr tätig, und die Mitarbeiterzufriedenheit ist ebenfalls durchgängig hoch. Wer eine Karriere bei einem Uhrmacher anstrebt, sollte einige wichtige Aspekte beachten. Julia Meir Lawi, Branch Director bei Robert Half in Genf, gibt dabei wertvolle Tipps für den erfolgreichen Einstieg in die Branche.
Therry DeValeux kommt eigentlich aus der IT einer Schweizer Grossbank. Dort war er im Controlling beschäftigt, hatte später sogar Personalverantwortung und führte wichtige Entscheidungsprozesse zusammen. Sein Team wurde allerdings 2023 im Zuge mehrerer Fusionierungen aufgelöst und in das neue Unternehmen überführt. DeValeux hätte mitgehen können – Experten mit seinem Fachwissen sind beim neuen Arbeitgeber ebenfalls gern gesehen. Doch nach mehr als 20 Jahren im Bankensektor wollte er etwas Neues probieren. Eine Anzeige eines Schweizer Uhrenherstellers hatte sein Interesse geweckt. DeValeux war sofort interessiert, seit Jahren ist er uhrenbegeistert. Die feine Mechanik und die Verwendung edler Materialien hatten ihn seit seiner Jugend in den Bann gezogen. Die Uhrmacherei steht wie kaum eine andere Industrie für Handwerkskunst und Präzision gleichermassen. Allerdings brauchte DeValeux ein bisschen Hilfe. Ein erfahrener Personalberater hatte den Kontakt zu dem besagten Unternehmen hergestellt und dabei geholfen, dass das Unternehmen DeValeux kennenlernen konnte, aber auch, dass sich der ehemalige Bankmitarbeiter mit dem Unternehmen vertraut machen konnte. Es gab mehrere Treffen, darunter einen Rundgang über das Werksgelände samt Besichtigung der Werkstatt der Uhrmacher.
DeValeux wurde zum Bewerbungsgespräch eingeladen, und wenige Wochen später war er an Bord. Beim Uhrmacher war man begeistert, dass sich DeValeux für sie entschieden hatte. Seit Jahren nehmen im Bankensektor die Regulierungen zu, und die Mitarbeiter, wenn sie einmal frei werden, sind aufgrund dieser Erfahrung am Arbeitsmarkt stark nachgefragt. DeValeuxs neuer Tätigkeitsbereich befindet sich in der Finanzplanung und -analyse des Unternehmens. Seit dem Aufkommen sogenannter SmartWatches ist die gesamte Industrie unter Druck geraten. Viele Uhrmacher versuchen deshalb, strategisch ebenfalls in dieses Segment vorzudringen und Produkte auf den Markt zu bringen, um verlorene Marktanteile wiederzuerlangen. DeValeux leitet eine Abteilung, die mit der Erstellung von Budgets, Forecasts und Finanzmodellen befasst ist, um diese langfristige strategische Neuausrichtung des Unternehmens zu unterstützen. Hinzu kommt die Analyse finanzieller Kennzahlen und Leistungsindikatoren, um Trends der strategischen Neuausrichtung zu identifizieren und die getroffenen Entscheidungen zu untermauern.
Die grösste Herausforderung für DeValeux war, dass der Uhrmacher ein familiengeführtes Unternehmen ist. Die Bank, in der er zuvor beschäftigt war, war ein börsennotiertes Unternehmen. Er war es gewohnt, strikt in Quartalsabschlüssen zu denken. Die Ziele des Familienunternehmens hingegen sind langfristig angelegt. Einige wenige schwierige Quartalszahlen erfordern nicht sofortiges Handeln, sondern werden als eine vorübergehende Periode angesehen – bei der Bank war das anders. Hinzu kommt, dass selbst diejenigen im Unternehmen, die nicht direkt am Zifferblatt stehen und Zahnrädchen ineinander führen, die richtige Leidenschaft für das Produkt entwickeln müssen. In der Uhrenindustrie stehen Handwerkskunst und die Liebe zum Detail im Zentrum der Uhrmacher – sie sind die entscheidenden Faktoren für erfolgreiche Uhrmacher. Auch von den Mitarbeitenden, die nicht direkt in der Produktion beschäftigt sind, wird ein natürliches Interesse für das Produkt erwartet. Die Schweizer Uhrenindustrie ist geprägt von Tradition, dem Drang nach Innovation und starkem Wettbewerb sowie einem Umfeld mit entsprechenden regulatorischen Anforderungen – diese reichen von Gütesiegeln wie „Swiss Made“, also einer Art Kriterienkatalog, der vom Schweizer Bundesgesetz und den Bestimmungen des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) festgelegt wird, bis hin zu ESG-Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Am 23. November 2022 hat der Bundesrat die Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung verabschiedet, die seit dem 1. Januar dieses Jahres in Kraft ist. Diese Verordnung zielt darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Klimaberichterstattung für grosse Schweizer Aktiengesellschaften, Banken und Versicherungen zu verbessern. Sie beruht auf dem indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative für verantwortungsvolle Unternehmen und orientiert sich an internationalen Trends, insbesondere an den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD). Darüber hinaus unterliegt die Finanzberichterstattung und -rechnungslegung in der Schweiz den geltenden Standards der Swiss GAAP FER (Swiss Generally Accepted Accounting Principles for Financial Reporting). Unternehmen sollen und müssen durch die Verordnung sicherstellen, dass ihre Finanzberichte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und transparent sind.
Wer wie DeValeux in der Uhrenindustrie Karriere machen will, muss in seinem Fachgebiet bereits exzellent sein. Bei Uhrmachern arbeiten heute unterschiedliche Professionen in verschiedenen Fachrichtungen. Besonders in der Uhrenherstellung wird der Fokus aufs Handwerk gelegt. DeValeux hat beispielsweise einen Data Engineer in sein Team bekommen. Dieser ist damit befasst, mithilfe von SSIS oder der Azure Data Factory Datenpipelines zu entwickeln, um an der Entwicklung der genannten datengetriebenen Lösungen mitzuwirken. Der Kollege hat mehr als 3 Jahre Erfahrung in der Arbeit mit einschlägigen Anwendungen und ist versiert im Umgang mit SQL. Wichtiger war es für DeValeux, die neue Kultur eines familiengeführten Unternehmens zu verstehen und für sich anzunehmen. War es in der Bank so, dass die Arbeitssprache englisch war, spricht DeValeux heute im Job Englisch, Französisch und lernt gerade Deutsch.  Bildquelle: © Jeremy Beadle / Unsplash

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