Autoritär und selbstbewusst – so lenkten viele Chefs lange ihre Unternehmen. Doch moderne und erfolgreiche Führungsstile sehen anders aus. Integrativ sind sie und von Empathie geprägt. Was Führungskräfte heute auszeichnet, erklärt Vanessa Sproedt-Graef, Managing Director Region Mitte bei Robert Half.
Der repräsentative Dienstwagen, Kleidung und Schuhe nach Maß, die teure Uhr am Handgelenk, das Büro mit der besten Aussicht und demonstrative Selbstsicherheit – daran waren einst viele Chefs zu erkennen. Auch heute spielen diese Insignien der Macht für manche Entscheidungsträger eine sichtlich wichtige Rolle. Warum auch nicht? Wer beruflich Karriere gemacht hat, darf dies gern zeigen. Doch mit einem modernen Führungsstil hat das allein nicht mehr viel zu tun. Modernes Management verlangt wesentlich mehr als eine bloße Attitüde.
Natürlich reichte ein imposanter Auftritt auch früher nicht für einen Aufstieg aus. Das Gespür für geschäftliche Chancen, ein Blick für Kennzahlen und gute Menschenkenntnis beispielsweise waren schon immer die Basis für unternehmerische Erfolge. Ebenso das ein oder andere Machtwort, um die Richtlinienkompetenz gegenüber der Belegschaft durchzusetzen. Doch diese oft rigorose und autoritäre Art der Mitarbeiterführung ist ein Auslaufmodell.
Ein Vergleich zwischen traditionellen und modernen Führungsstilen zeigt, dass sich die Anforderungen an das Management erheblich geändert und erweitert haben. Neben fachlichen Qualifikationen, strategischer Weitsicht und Durchsetzungsvermögen sind heute sehr stark Soft und Social Skills, flache Hierarchien und transparente Entscheidungsprozesse gefragt. Das Verhalten von Chefs gegenüber Mitarbeitern nimmt dabei einen großen Platz ein. Motivation ist hier ein entscheidendes Stichwort. Doch viele Beschäftigte springen auf hergebrachte Stimuli wie finanzielle Zugaben oder dräuende Sanktionen kaum noch an.
Das gilt vor allem für Talente der Generation Z, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen. Sie wollen zwar auch Karriere machen, aber nicht um jeden Preis. Klassische Anreize und Statussymbole verfangen bei ihnen nicht. Stattdessen suchen sie eine gute individuelle Work-Life-Balance und einen gesellschaftlichen Sinn in ihrem Tun. Und sie schätzen eine vertrauensvolle und integrative Zusammenarbeit – im Team ebenso wie mit der Chefetage.
Unabhängig von den Vorstellungen und Ansprüchen der nachrückenden Arbeitskräfte sorgt auch der technologische Wandel für ein neues Rollenbild von Executives. Ein Grund: Die Interaktion zwischen ihnen und ihren Mitarbeitern findet zunehmend digital statt; der direkte Austausch ist die Ausnahme. Das erfordert eine Führung mit der langen Leine inklusive mehr Eigenverantwortung für die Teammitglieder. Führen vom Elfenbeinturm heraus ist damit passé.
Die technologische und die gesellschaftliche Transformation stellen traditionelle Führungsrollen und -strukturen nicht mehr nur infrage. Sie ändern sie bereits massiv. Somit verlieren auch die alten Insignien der Macht an Bedeutung. Doch was macht stattdessen die Definition moderner Führungsstile aus? Die Antwort: Gute Vorgesetzte müssen Integrität, Selbstbewusstsein, Mut und Empathie haben sowie Wertschätzung zeigen. Sie sollten agil lernen, ihren Einfluss entfalten und gleichzeitig effektiv kommunizieren und delegieren. Rein fachliche Qualifikationen treten demgegenüber in den Hintergrund.
Heute stehen soziale Kompetenzen für moderne Führung. Ist das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten damit „freundschaftlicher” als früher? Keinesfalls. Denn es bleibt bei den klaren, geschäftlichen Zielen des Managements. Nach wie vor müssen Chefs ein Unternehmen wettbewerbsfähig halten, dieses erfolgreich leiten können und durchsetzungsfähig sein.
Moderne Führungsstile zeichnen sich durch einen Mix bewährter und neuer Methoden aus. Nicht immer lassen sich diese klar voneinander trennen. Was nach wie vor auf jeden Fall zum „Chef-Sein” dazugehört:
Selbstbewusstsein zeigen: Ein Klassiker. Chefs müssen sich stets darüber klar sein, wie sie handeln, was sie sagen und welche Botschaft ihre nonverbale Kommunikation vermittelt. Denn sie werden ständig – mal bewusst, mal unbewusst – von ihren Teammitglieder beobachtet. Diese richten ihre Handlungen und Reaktionen nach dem Verhalten ihrer Führungskraft aus. Von dieser erwarten sie formelle und informelle Anleitung. Dies ist besonders wichtig in Zeiten der Veränderung oder extremen Stresses.
Glaubwürdigkeit vermitteln: Sind Führungskräfte glaubwürdig, dann gewinnen sie das Vertrauen ihrer Untergebenen. Schaffen sie das nicht, lässt die Mitarbeiterbindung nach und das Risiko von Kündigungen erhöht sich. Deshalb müssen Vorgesetzte tun, was sie zu tun versprechen, sich an ihren Worten und Taten messen lassen und die Bedürfnisse des Teams über ihre eigenen stellen.
Zuverlässig sein: Diese Führungseigenschaft macht Entscheidungen berechenbar und nachvollziehbar. Deshalb ist Zuverlässigkeit auch ein elementarer Faktor hinsichtlich der Glaubwürdigkeit. Mangelnde Integrität sorgt oft für Unruhe im Unternehmen und wirkt sich nachteilig auf die Produktivität aus.
Delegieren können: Delegieren gehört zu den Kernaufgaben einer Führungskraft. Das Ziel besteht nicht nur darin, sich selbst zu entlasten, sondern auch darin, direkt unterstellten Mitarbeitern mehr Freiraum zu geben. Das erleichtert ihnen die Teamarbeit, gewährt ihnen Autonomie und verhilft ihnen zu einer besseren, eigenständigen Entscheidungsfindung.
Einfluss nutzen: Andere Menschen mittels logischer, emotionaler oder kooperativer Appelle zu überzeugen, ist eine wichtige Eigenschaft inspirierender, effektiver Führungskräfte. Das ist etwas ganz anderes als Manipulation und muss authentisch und transparent erfolgen.
Einfühlungsvermögen entwickeln: Empathie ist ein entscheidender Teil der emotionalen Intelligenz. Wer gegenüber Mitarbeitern eine integrative Führung und einfühlsames Verhalten zeigt, wird oft als leistungsstärker wahrgenommen. Darüber hinaus sind Empathie und Inklusion unerlässlich, um die Arbeitsbedingungen für die Beteiligten zu verbessern.
Mut beweisen: Anstatt Problemen aus dem Weg zu gehen oder Konflikte schwelen zu lassen, müssen Führungskräfte mutig die Initiative ergreifen und die Dinge in die richtige Richtung bewegen. Im Idealfall nehmen sich die Mitarbeitenden dieses Verhalten als Vorbild.
Respekt zollen: Der tägliche respektvolle Umgang mit Menschen baut Spannungen und Konflikte ab, schafft Vertrauen und verbessert die Mitarbeitermotivation. Eine Kultur des Respekts beginnt oft einfach damit, ein guter Zuhörer zu sein, der die Perspektiven anderer zu verstehen sucht.
Lernagil werden: Zu wissen, was zu tun ist, wenn man nicht weiß, was man tun soll – das ist mit Lernagilität gemeint. Wer schnell lernt oder unter unvorhersehbaren Umständen gute Leistungen erbringt, besitzt sie. Andere können sie durch Übung, Erfahrung und Einsatz fördern und steigern. Die Fähigkeit (aus Fehlern) zu lernen, ist eines der wichtigsten Merkmale moderner Führungsstile.
Kommunikation pflegen: Effektive Führung und effektive Kommunikation sind eng miteinander verbunden. Versierte Führungskräfte sind kompetente Kommunikatoren, die sich auf vielfältige Weise austauschen – von der Übermittlung von Informationen über die Inspiration anderer bis hin zum Coaching direkt unterstellter Mitarbeiter.
Präsenz demonstrieren: Dies kann für Führungskräfte schwierig sein, da sie oft gleichzeitig mit unterschiedlichen Dingen beschäftigt sind. Trotzdem sollten sie darauf achten, für ihre Teammitglieder „erreichbar” zu sein. Wenn Führungskräfte so handeln, demonstrieren sie ihre Wertschätzung gegenüber den Teammitgliedern. Auch das erhöht die Leistungsbereitschaft.
Es mag Naturtalente geben, die von vornherein mit den beschriebenen Eigenschaften ausgestattet sind. Doch das sind Ausnahmen. Die meisten guten Führungskräfte werden durch Erfahrung, kontinuierliches Lernen und Anpassungsfähigkeit geformt. Sie müssen offen sein für eine zielgerichtete persönliche Entwicklung sowie Zeit und Mühe in die Selbstverbesserung investieren. Hierbei kann die Personalabteilung assistieren, indem sie Talenten mit Führungsqualitäten Schulungsmöglichkeiten anbietet, sie beim Lernen unterstützt und mit ihrer Erfahrung die Entwicklung vorantreibt.
Wichtig: Führung ist ein sozialer Prozess. Dabei geht es weniger um starke oder charismatische Einzelpersonen als vielmehr um eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam an Ergebnissen arbeitet. Wer als Führungskraft diesen Teamgedanken nicht umsetzt, mag vielleicht trotzdem beliebt und respektiert sein, aber kaum effektiv die Unternehmensziele erreichen. Unterschiedliche Abteilungen, Projekte und Situationen stellen unterschiedliche Herausforderungen und erfordern unterschiedliche Führungskompetenzen. Daher müssen Vorgesetzte in der Lage sein, diese Eigenschaften im Laufe Ihrer Karriere flexibel anzuwenden.
Doch wo soll diese Reise hin zum modernen Führungsstil beginnen? Folgende Ratschläge können Personalverantwortliche aussichtsreichen Kandidaten geben:
Nutzen Sie die Liste der Qualitäten guter Führungskräfte als Ausgangspunkt, indem Sie ein oder zwei Punkte auswählen, an denen Sie arbeiten möchten – und probieren Sie das aus. Wenn Sie beispielsweise Ihr Selbstbewusstsein stärken möchten, testen Sie in einer Besprechung eine neue Art des Sprechens oder Handelns, und bitten Sie dann einen Kollegen um Feedback.
Lassen Sie sich unterstützen. Mentoren helfen Ihnen, Dinge und Ereignisse am Arbeitsplatz aus einer anderen Perspektive zu wahrzunehmen und auf dem richtigen Weg zu bleiben.
Effektive Führungskräfte sind „Beziehungsbauer“. Fangen Sie klein an und erweitern Sie Ihr Netzwerk im Laufe der Zeit. Vielleicht möchten Sie damit beginnen, jede Woche mit einem oder zwei Kollegen zu sprechen, mit denen Sie normalerweise keinen Kontakt haben. So erweitern Sie nach und nach ihren Horizont und Ihr Beziehungsgeflecht.
Moderne Führungsstile verlangen Vorgesetzten viel ab. Deshalb sollten Unternehmen diese zum eigenen Nutzen fördern. Der Aufwand wird mit stärkerer Mitarbeiterbindung sowie mit mehr Effektivität und Produktivität belohnt. Das ist allerdings ein intensiver Prozess, der seine Zeit braucht.
Sollte währenddessen Bedarf an versierten Führungskräften entstehen, die nicht aus den eigenen Reihen gestellt werden können, helfen wir gern kurzfristig weiter. Nutzen Sie dafür die Möglichkeiten unserer.
Bildquelle: © Hunters Race / Unsplash
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