Der Lohn der Arbeitskollegen gilt in der Schweiz als Tabuthema: Ein offener Verdienstvergleich ist in den wenigsten Unternehmen üblich. Aber wie kann ich in Erfahrung bringen, was meine Kollegen verdienen? Und welche Vorteile haben alle von mehr Lohntransparenz? Das erfahren Sie hier:

Mit Arbeitskollegen übers Gehalt sprechen: Warum fällt das so schwer?

Kommt Ihnen das bekannt vor? Feierabend-Bier mit den Arbeitskollegen – in gelockerter Atmosphäre fasst sich einer in der Runde ein Herz und stellt die Frage, die auch Sie brennend interessiert:

„Und, wie viel Geld verdient Ihr?“
 

Doch statt der lang ersehnten Antwort gibt es nur betretenes Schweigen. Warum fällt es eigentlich vielen so schwer, mit ihren Arbeitskollegen über das Gehalt zu sprechen?

Dafür gibt es gleich mehrere mögliche Gründe:

  1. Vergleichsfalle: Eine Studie der amerikanischen Universitäten Princeton und Berkeley hat ergeben, dass die Jobzufriedenheit von Mitarbeitern deutlich sinkt, wenn sie herausfinden, dass sie weniger als ihre Kollegen verdienen. Denn mit dem Thema Geld geht immer auch eine persönliche Wertung und Hierarchie einher. Verdient einer mehr als die anderen, könnte schlechte Stimmung im Team entstehen – dieser Gedanke verunsichert viele Mitarbeiter.
  2. Firmenpolitische Fettnäpfchen: In vielen Unternehmen gehört es zur Firmenpolitik, nicht über den Lohn zu sprechen – weder in vertrauter noch in grosser Runde. Kommt es ans Licht, dass Sie sich nicht daran halten, stehen Sie möglicherweise als unprofessionell und nicht vertrauenswürdig da. Und dieses Risiko möchten viele Mitarbeiter einfach nicht eingehen.
  3. Rechtliche Fallstricke: Viele Mitarbeiter sind sich nicht sicher, ob sie ihren Lohn überhaupt mit den Arbeitskollegen besprechen dürfen. 

Also, zunächst: Darf man über seinen Lohn reden? Die Antwort ist ein eindeutiges Ja. Es gibt in der Schweiz kein Gesetz, das den offenen Lohnvergleich verbietet. Ihr Chef kann Ihnen also nicht verbieten, sich mit den Arbeitskollegen darüber auszutauschen. 

Doch es kann natürlich sein, dass der Chef den Lohnvergleich nicht gern sieht und sie das in irgendeiner Form zu spüren bekommen. Rechtlich sind Sie aber auf der sicheren Seite, wenn sie wissen möchten: Was verdienen eigentlich meine Kollegen? 

Das Einkommen ist jedoch ein sensibles Thema, mit dem Sie Ihre kollegialen Beziehungen dauerhaft belasten könnten. Wer andere nach ihrem Lohn fragen möchte, muss daher mit Fingerspitzengefühl vorgehen und den richtigen Moment abpassen. 

Welche Chancen bieten Gehaltsvergleiche?

Und wie können Sie sonst herausfinden, wo Sie im Vergleich mit anderen stehen und wie viel Sie für Ihre Leistung verlangen dürfen? Wenn’s im direkten Gespräch nicht klappt oder es Ihnen zu unangenehm ist, mit Kollegen über das Gehalt zu sprechen, können externe Quellen und objektive Gehaltsvergleiche weiterhelfen. 

Gute und verlässliche Anhaltspunkte bietet die Gehaltsübersicht von Robert Half. Darin finden Sie aktuelle Daten, Fakten und interessante Hintergründe zu Löhnen im Finanz- und Rechnungswesen, in der IT sowie im Assistenz- und kaufmännischen Bereich.

So finden Sie schnell heraus, wie viel Angestellte in einer ähnlichen Position und mit ähnlichen Qualifikationen verdienen – ohne in firmenpolitische Fettnäpfchen zu treten.

Der Lohn der Kollegen: So wird die Info zum Motivationsschub

Ob nun im direkten Gespräch mit Kollegen oder indirekt über den Arbeitgeber: Eine fundierte Recherche in Sachen Salär macht sich in jedem Fall bezahlt. Zu wissen, was andere in gleicher Position verdienen, macht Ihre Lohnforderung realistisch und verschafft Ihnen für zukünftige Gehaltsverhandlungen einen Wissensvorteil.

Dann können Sie pokern, wenn es sich anbietet: Schliesslich ist ein besserverdienender Kollege der beste Beweis dafür, dass Ihre Firma durchaus höhere Verdienste bezahlt. Aber Vorsicht: Als Argument in Ihrer Gehaltsverhandlung sollten Sie sich den Vergleich mit dem besser bezahlten Kollegen verkneifen. Für Ihren Verdienst sind schliesslich Ihre Leistungen und Erfolge relevant, nicht die des Kollegen. 

So vermeiden Sie es, in die Vergleichsfalle zu tappen:

  • Wenn Sie im Lohnvergleich mit Ihren Kollegen herausfinden, dass Sie schlechter bezahlt werden als andere in einer ähnlichen Position, nutzen Sie diese Information. Prüfen Sie kritisch, woran das liegen könnte. 
  • Bedenken Sie dabei: Wie hoch Ihr Lohn ist, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von Berufserfahrung, Ausbildung und Weiterbildungen. 
  • Daher sollten Sie Ihren Kollegen mit dem besseren Verdienst nicht als Konkurrenten, sondern als Vorbild sehen und sich selbst neue Ziele setzen. Fragen Sie sich, wie Sie nachziehen können. So wird das finanzielle Ungleichgewicht zwischen Ihnen zum Motivationsschub. 
  • Zeigen Sie, dass Sie sich voll ins Unternehmen einbringen und fokussieren Sie sich auf Ergebnisse. Somit qualifizieren Sie sich bei der nächsten Gehaltsrunde für eine Lohnerhöhung.

Über Lohn sprechen: Andere Länder, andere Denkmuster

Offen mit dem Thema Gehalt umzugehen und dadurch andere anzuspornen – das ist in vielen Ländern ganz normal. Wer zum Beispiel in Amerika hart für seinen Erfolg arbeitet, zeigt das auch. Ein kulturelles Erklärungsmodell: Wer es durch eigene Anstrengung nach oben schafft, hat das auch verdient.

Ganz nach dem Motto: vom Tellerwäscher zum Millionär.
 

Ein Denkmuster, von dem wir in der Schweiz noch weit entfernt sind. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis das Thema Lohn auch hierzulande kein Tabuthema mehr ist. Einen Schritt in diese Richtung gehen aber bereits heute Initiativen wie “Zeig deinen Lohn” vom Gewerkschaftsbund des Kanton Zürich (GBKZ).

Sie argumentieren, dass nur Lohntransparenz zu mehr Lohngerechtigkeit führt – denn nur wer weiss, was andere im gleichen Job verdienen, kann einschätzen, ob er selbst gerecht bezahlt wird.

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